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Die Betriebsratswahl 2022 als Herausforderung für Arbeitgeber (Teil 2) - Pflichten des Arbeitgebers bei Durchführung und Organisation der Wahl

11 January 2022

Arbeitgeber sind bei den in diesem Jahr regulär stattfindenden Betriebsratswahlen weit mehr als bloßer Zuschauer. Auch wenn die Betriebsratswahl von der Belegschaft bzw. dem bisherigen Betriebsrat zu initiieren und zu organisieren ist, hat der Arbeitgeber sowohl die Kosten der Wahl zu tragen als auch – sofern erforderlich – Informationen zur Verfügung zu stellen. 

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Zudem liegt es natürlich im eigenen Interesse des Unternehmers, die Ordnungsgemäßheit des Ablaufs der Betriebsratswahl im Blick zu behalten. Nachfolgend stellen wir aus diesem Grund die dem Arbeitgeber obliegenden Mitwirkungsrechte und -pflichten umfassend dar.

Allgemeine Rolle des Arbeitgebers bei Durchführung der Wahlen

1. Keine besondere (organisatorische) Rolle 

Im Grundsatz ist dem Arbeitgeber im Wahlverfahren keine besondere Rolle zugewiesen (vgl. Teil 1 unserer Beitragsreihe), eine Einflussnahme oder gar Behinderung der Betriebsratswahl ist selbstverständlich unzulässig. Hierin manifestiert sich die organisatorische Unabhängigkeit des Betriebsrats vom Arbeitgeber.

Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass der Arbeitgeber – offenkundige – Verfahrensverstöße hinzunehmen und zu dulden hat. Zum einen besteht gemäß § 19 Abs. 1 und 2 BetrVG die Möglichkeit der Anfechtung der Betriebsratswahl (ausführlich hierzu der kommende Teil 4 unserer Beitragsreihe), sowie bei besonders schwerwiegenden und offensichtlichen Verstößen die gerichtliche Feststellung der Nichtigkeit der Betriebsratswahl. Ein entsprechendes Verfahren kann durch den Arbeitgeber eingeleitet werden.

2. Feststellung der Betriebsratsfähigkeit und der Betriebsstrukturen

Allerdings setzt dieses Recht erst zeitlich nach der Wahl an. Gerade in Fällen, in denen problematisch ist, wer zur Wahl des Betriebsrats berechtigt ist und wie der Betrieb im Einzelnen strukturell zusammengesetzt ist, ist es wenig sinnvoll, die Wahl zunächst abzuwarten und erst nachträglichen Rechtsschutz zu begehren. Zudem hätte dies zur Folge, dass der Arbeitgeber verpflichtet wäre, die Kosten der – von Beginn an unwirksamen – Betriebsratswahl zu tragen (siehe unter II.). 

Aus diesem Grund ist anerkannt, dass sowohl Arbeitgeber als auch Betriebsräte und Wahlvorstände jederzeit, das heißt auch vor der Wahl, gerichtlich feststellen lassen können, ob eine Einheit (d.h. ein vermeintlicher Betrieb) betriebsratsfähig ist (§ 18 Abs. 2 BetrVG).

Im Grundsatz bezeichnet das deutsche Recht mit dem Begriff des Betriebs die Einheit, innerhalb der ein Arbeitgeber mit seinen Arbeitnehmern einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck verfolgt. Im Gegensatz dazu definiert sich das Unternehmen als eine wirtschaftliche Organisationseinheit, die auch aus mehreren Betrieben bestehen kann.

Diese Abgrenzung ist äußerst relevant, da der allgemeine Grundsatz gilt, dass pro Betrieb genau ein Betriebsrat gewählt werden kann. Ist aber unklar ob ein Betrieb (und damit ein potentieller Betriebsrat) oder zwei Betriebe (und damit zwei potentielle Betriebsräte) vorliegen oder zu welcher Einheit einzelne Betriebsteile zuzuordnen sind, ist zu empfehlen das dargelegte Verfahren zu bestreiten.

Abgrenzungsschwierigkeiten werden noch verstärkt durch Sonderkonstellationen wie selbständige Betriebsteile und Kleinstbetriebe. Während es in einem produzierenden Betrieb in der Vergangenheit noch verhältnismäßig einfach war, die Grenzen des Betriebs festzustellen, so fällt dies im Bereich von Arbeit 4.0 zunehmend schwerer. Gerade moderne Beschäftigungsformen wie Matrixstrukturen und mobiles Arbeiten erschweren eine genaue Bestimmung des Betriebs noch weiter.

Insofern ist es durchaus denkbar, dass durch die Einführung mobiler Arbeit und losgelöster Bindungen zum Betrieb die Strukturen so weit aufgelöst sind, dass ein einheitlicher Betrieb nicht mehr besteht, mit der Folge, dass mehrere unabhängige Betriebsräte (für die mobil Arbeitenden und für die vor Ort tätigen) zu wählen sind, da unabhängige Betriebe bestehen. Dies ist möglichst vorab im Einzelfall detailliert zu prüfen. Insbesondere sollte diese Problematik dann nicht vernachlässigt werden, wenn sich arbeitstechnische Strukturen in den letzten vier Jahren entscheidend geändert haben und folglich nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Organisationseinheiten und betrieblichen Strukturen unverändert fortbestehen.

Kostentragungspflicht des Arbeitgebers

Wird eine Wahl – unabhängig von ihrer späteren Wirksamkeit – durchgeführt, so sind die Kosten hierfür durch den Arbeitgeber zu tragen (§ 20 Abs. 3 S. 1 BetrVG).

1. Von Kostentragungspflicht erfasste Kosten

Gleichwohl regelt das Gesetz allein, dass der Arbeitgeber die Kosten der Wahl zu tragen hat, nicht aber, welche Kosten dies im Einzelnen umfasst. Aus diesem Grund kommt es in der Praxis häufig zu Streitigkeiten über die zu tragenden Kosten.

Ganz allgemein fallen unter die Kostentragungspflicht alle Kosten für die Vorbereitung und Durchführung der Betriebsratswahl. Dies umfasst Kosten für Sachmittel (Kosten für Räumlichkeiten, Büroeinrichtung, Kommentarliteratur und Gesetzestexte sowie die Kosten für die Wahlurnen, Stimmzettel, Umschläge und Wahlkabinen), mögliche Reisekosten, notwendige Schulungskosten, Kosten für die Versäumnis von Arbeitszeit (von Bewerbern) und sogar eventuell entstehende Rechtsanwaltskosten. 

Erforderlich sind auch die Kosten von möglichen Anfechtungsverfahren sowie gerichtlicher Verfahren zur Klärung von Streitfragen im Laufe des Wahlverfahrens, soweit die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder offensichtlich aussichtslos ist. Darf der Anfechtungsberechtigte oder der Wahlvorstand eine anwaltliche Vertretung für erforderlich halten, sind auch diese Kosten zu erstatten.

Bei der Einschätzung der Erforderlichkeit der Kosten kommt dem Wahlvorstand ein Beurteilungsspielraum zu. Ferner ist die Kostentragung nicht allein auf die finanzielle Erstattung begrenzt; es ist Recht und Pflicht des Arbeitgebers, dafür zu sorgen, dass der dargelegte Sachaufwand zur Verfügung steht. Nur wenn er dieser Aufgabe nicht nachkommt, ist der Wahlvorstand berechtigt, die erforderlichen Gegenstände selbst zu besorgen und Kostenerstattung zu verlangen.

Nicht von den zu erstattenden Kosten umfasst sind dagegen sämtliche Kosten der Wahlwerbung, da diese für die Durchführung der Betriebsratswahl nicht notwendig sind.

2. Verfahren bei Streitigkeiten um Kostentragung

Bestehen Streitigkeiten, ob geltend gemachte Kosten erforderlich und notwendig waren, kann vom Arbeitsgericht im Beschlussverfahren entschieden werden. Die Erforderlichkeit ist dabei vom Antragsteller, das heißt vom Wahlvorstand oder vom individuellen Mitarbeiter, dem die Kosten entstanden sind, darzulegen. Zur Vermeidung solcher Streitigkeiten, ist es zu empfehlen, bereits im Vorfeld mit dem Wahlvorstand Einvernehmen bzgl. der zu erstattenden Kosten und des notwendigen Sachaufwandes herzustellen.

Informationspflichten des Arbeitgebers

Auch wenn der Arbeitgeber wie dargelegt nicht für die Organisation der Betriebsratswahl zuständig und verantwortlich ist, wird der Wahlvorstand in vielen Fällen Informationen benötigen, über die nur der Arbeitgeber verfügt, um die Wahl effektiv durchführen zu können.

1. Allgemeine Pflicht zur Verfügungsstellung von Informationen

Dies umfasst insbesondere das zur Verfügung stellen personenbezogener Informationen der Mitarbeiter, die für die Durchführung der Wahl erforderlich sind.

Insbesondere muss der Wahlvorstand für die Betriebswahl eine Wählerliste mit allen wahlberechtigten Arbeitnehmern mit ihren Vor- und Nachnamen sowie ihren Geburtsdaten aufstellen (§ 2 Abs. 1 WO). Dafür hat ihm der Arbeitgeber – wie das Gesetz ausdrücklich vorsieht - alle erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 2 Abs. 2 S. 1 WO). Das Gesetz regelt ferner auch ausdrücklich, dass dies unverzüglich nach Aushang der Einladung zur Wahlversammlung in einem versiegelten Umschlag zu erfolgen hat. Insofern genügt es auch nicht, den Wählvorstand darauf zu verweisen, dass er sich die Unterlagen selbst zusammenstellen könne.

Ebenso sieht die Wahlordnung auch die Möglichkeit der Briefwahl vor (§ 24 WO). Auf deren Verlangen sind Mitarbeitern, die im Zeitpunkt der Wahl wegen Abwesenheit vom Betrieb verhindert sind, vom Wahlvorstand die Wahlunterlagen zu übergeben bzw. zu übersenden. Auch ohne ein ausdrückliches Verlangen sind Wahlberechtigten, von denen dem Wahlvorstand bereits bekannt ist, dass sie im Zeitpunkt der Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sein werden die Unterlagen postalisch zu übersenden. 

Die hierfür erforderlichen Informationen (das heißt die Kontaktadressen der betroffenen Mitarbeiter) sind dem Wahlvorstand ebenfalls zur Verfügung zu stellen.

2. Begrenzung durch datenschutzrechtliche Vorgaben

Bei den Namen, Adressen und Geburtsdaten der Mitarbeiter handelt es sich unstreitig um personenbezogene Daten im Sinne des BDSG. Gemäß § 26 Abs. 1 BDSG ist die Verarbeitung und damit auch die Übermittlung dieser Daten zulässig, wenn dies zur Erfüllung der sich aus einem Gesetz ergebenden Rechte und Pflichten der Interessenvertretung der Beschäftigten erforderlich ist.

Insofern ist die Übermittlung von Vor- und Nachname sowie Geburtsdaten unproblematisch aufgrund der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zulässig, sofern der dort normierte Weg eingehalten wird.

Hinsichtlich der Auskünfte über Adressen zur Versendung der Briefwahlunterlagen ist dies weitaus weniger klar. Das Gesetz sieht die Briefwahl ausdrücklich nur als Ausnahme in den genannten Fällen an. Die – anlasslose – Briefwahl aller Mitarbeiter und damit die Anforderung sämtlicher Adressen ist damit unzulässig. Die Übermittlung sämtlicher Adressen durch den Arbeitgeber wäre in diesem Fall ein Verstoß gegen die Vorgaben des BDSG. Vielmehr sollten Adressen nur dann an den Wahlvorstand übersandt werden, wenn dieser das ausdrückliche Verlangen der Mitarbeiter nach Briefwahl darlegt oder aber glaubhaft macht, dass die genannten Mitarbeiter zur Wahl voraussichtlich nicht im Betrieb anwesend sind. Auch wenn die Anforderungen an die hierfür notwendigen Darlegungen des Wahlvorstands nicht eng zu verstehen sind, so sollte jedenfalls verhindert werden, dass Adressdaten ausnahmslos und ohne jegliche Spezifizierung und Darlegung übersandt werden.

Ausblick

Der Arbeitgeber ist damit keinesfalls ein bloßer passiver Beobachter der Betriebsratswahl. Vielmehr sollte er idealerweise einvernehmlich mit dem Betriebsrat bzw. dem Wahlvorstand darauf hinwirken, dass gesetzliche Vorgaben eingehalten werden.

Die Pandemiesituation (zu deren Auswirkungen auf die Betriebsratswahl im kommenden dritten Teil unserer Beitragsreihe am 19. Januar 2022 ausführen werden), stellt Arbeitgeber (und Wahlvorstände) zudem vor zusätzliche Herausforderungen. Dessen ungeachtet verbleibt zudem die Möglichkeit der Anfechtung der Betriebsratswahl, mit der wir uns im Vierten Teil unserer Reihe (voraussichtlich am 26. Januar 2022) befassen werden.

 

Wir hoffen, Ihnen mit diesen Ausführungen einen guten Überblick über die die Herausforderungen der Betriebsratswahl zu geben. Bei Rückfragen zu dem genannten Thema und zu spezifischen Fragen der Mitwirkung können Sie sich jederzeit telefonisch oder per E-Mail an unsere Kollegen in unseren Büros in Berlin, Düsseldorf, München und Köln wenden. 

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